Donnerstag, 22. August 1918

  

Zigeuner machen sich seit einiger Zeit in Bonn und Umgebung recht unangenehm bemerkbar. Sie haben sich in einem ganzen Hause der Rheingasse und einer Wohnung der Josephstraße niedergelassen, andere Familien hausen in Wohnungen außerhalb der Stadt. Eine Anzahl Diebstähle werden wohl nicht mit Unrecht diesem fahrenden Volk zugeschrieben. Gestern sind zwei Zigeuner auch wegen schlimmerer Verbrechen verhaftet worden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Nächtlicher Fliegeralarm. Um 12 Uhr 40 Minuten nachts wurden die Bewohner unserer Stadt und der weiteren Umgebung durch Sirenengeheul aus dem Schlaf aufgeschreckt. Kurz darauf fielen die ersten Signalschüsse, der Aufblitzen man trotz der mondhelle Nacht deutlich wahrnehmen konnte. Gleichzeitig traten unsere Abwehrgeschütze in Tätigkeit. Fast ununterbrochen grollte der Donner der Geschütze und vereinzelt hörte man das Tack Tack der Maschinengewehre und weithin vernahm man das Surren der Flugzeugpropeller. Von der rechten Rheinseite und aus der Kölner Gegend leuchteten die Scheinwerfer auf und suchten die sternenklare Luft ab nach den unheimlichen Gästen. Wie Leuchtkugeln nahmen sich hoch oben am Firmament die Lichtblitze der Schrapnellschüsse aus, und vereinzelte Leuchtbomben, die von unseren Jagdstaffeln geschossen wurden, vervollständigten das schaurig-schöne nächtliche Bild. Annähernd 1¼ Stunde währte der Alarm. Um 1 Uhr 50 Minuten ertönte das Schlußsignal.
   Für die Bürgerschaft Bonns bedeutete der nächtliche Alarm zum erstenmale eine empfindliche Störung der Nachtruhe, wie sie die Bewohner anderer Rhein-, Mosel- und Saarstädte schon häufiger erlebten. Der Reiz der Neuheit ließ viele Bonner diese nächtliche Wanderung in die Tiefen der Kellerräume mit einem gewissen Humor aufnehmen. Schlaftrunken und in den seltsamsten Bekleidungen pilgerte gar Mancher und Manche in die schützenden Untergeschosse, wo man sich so gut wie möglich die Zeit zu vertreiben suchte. Bei solchen unserer Bürger, die sich noch eines gepflegten Weinkellers erfreuen, soll diese mitternächtliche Stunde besonders tröstlich verlaufen sein. Die Organisation der Warnung gegen Luftgefahr und die militärischen Abwehrmaßnahmen betätigten sich übrigens so vorzüglich, daß man mit einem Gefühl der Beruhigung die Zeit der „Schutzhaft“ im Kellergeschoß verbringen konnte.
   Ein amtlicher Bericht über den Fliegeralarm liegt noch nicht vor.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Esperanto. Auf Grafenwerth hielt am Samstag den 17. d. M. der Godesberger Esperantoverein „Godea“ e. V. in Godesberg seine diesjährige (11.) Jahres-Hauptversammlung ab. […] Es wurde beschlossen, gegen Ende Oktober einen neuen Kursus in der Welt-Hilfssprache Esperanto zu eröffnen, dessen Leitung Frl. Harprath als Lehrerin und Herr Oster übernehmen werden. Interessenten belieben schon jetzt Anmeldungen der Geschäftsstelle des Vereins, in Godesberg, Bahnhofstr. 30 (bei Frau Wwe. Dreesbach) vorzunehmen.

Soldatenheim. Am verflossenen Sonntage konnte im Soldatenheim der Vorsitzende, Herr Lorenz Schröder, trotz des schönen Wetters eine große Anzahl Feldgrauer begrüßen. Derselbe schilderte in seiner lebhaften Weise die Vorgänge an der Westfront und dankte den vielen erschienenen Verwundeten in herzlichen Worten für ihr tapferes unentwegtes Ausharren in den schweren Kämpfen und wies darauf hin wie glücklich wir uns schätzen könnten, daß unsere Tapferen uns den Feind von unserm gesegneten Rheinlande ferngehalten und wahrlich keinen Grund hätten, mißmutig zu sein. Hierauf erfreute das Quartett des Soldatenheims, lebhaft begrüßt von unsern Feldgrauen, die Anwesenden mit verschiedenen Chören. […] Zum Schlusse stellte der Vorsitzende noch fest, daß so viele Feldgraue und speziell unsere Verwundeten nicht von den schönen Veranstaltungen des Soldatenheims wissen und möchten wird die vorgesetzten militärischen Behörden auch nochmals an dieser Stelle auf diesen Fall aufmerksam machen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)