Samstag, 10. August 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. August 1918Treibriemenleder hatte eine hiesige Händlerin zu 18 Mark das Pfund von zwei Soldaten angekauft und mit Nutzen weiter veräußert. Sie war, da es sich natürlich um Diebesgut handelte, vom Schöffengericht wegen Hehlerei zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ihre Berufung gegen das Urteil wurde gestern von der Strafkammer verworfen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Weiterer Ausbau der Mieteinigungsämter. Die an sich sehr segensreiche Tätigkeit der Mieteinigungsämter hat vielfach darunter gelitten, daß es an allgemeinen Richtlinien für dieselben fehlte und sie sich ausschließlich auf die eigene Erfahrung verlassen mußten. Es ist nicht beabsichtigt, diese in der Kriegszeit geschaffene Einrichtung später wieder fallen zu lassen; man will sie vielmehr auf eine festere Grundlage stellen, sie weiter ausbauen und dauernd den allgemeinen sozialen Organisationen angliedern.

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. August 1918Als eine organisierte Vereinigung zur Ueberschreitung der Höchstpreise wurde gestern vom Strafkammervorsitzenden der Endenicher Verein der Gemüsezüchter bezeichnet. Es wurde festgestellt, daß der Verein sich gegenüber der Firma Krupp, der Bonner Kriegsküche, den Reservelazaretten und dem Landkreise Bochum Höchstpreisüberschreitungen in der fast unglaublichen Höhe von 41.835 Mark zu Schulden hatte kommen lassen. Trotzdem Anbauverträge vollzogen und Ammoniak geliefert worden war, waren ganz enorme Preise für Gemüse angesetzt worden. Für grüne Bohnen wurden statt des Höchstpreises von 27 Pfg. das Pfund 80 und 90 Pfg. verlangt. Die Vorbereitung der Anklage konnte nur unter großen Schwierigkeiten erfolgen, die Bücher des Vereins sind überhaupt nicht aufzufinden gewesen. Sie sind, wie im Prozesse festgestellt wurde, auf Veranlassung eines Geschäftsführers der Landwirtschaftskammer gegen andere nach amerikanischem System einzurichtende Bücher umgewechselt worden. Erst dadurch, daß die Rechnungen von der Firma Krupp herausgegeben wurden, konnte die Anklagebehörde einigermaßen feststellen, um welche Summen die Höchstpreise überschritten worden sind. Der Vorsitzende des Vereins, der mit dem Bande des Kriegsverdienstkreuzes vor Gericht erschien, erklärte, er habe die Vereinsmitglieder nicht zur Anzeige im General-Anzeiger vom 10. August 1918Innehaltung der abgeschlossenen Verträge zwingen können. Die Gemüsehändler hätten unter der Hand so hohe Preise geboten, daß die Vereinsmitglieder sich zu den Lieferungen geweigert hätten. Sie hätten gesagt, sie hätten durch den Frost so hohen Schaden gehabt, daß sie jetzt mehr für das Gemüse haben müßten. Für das Schnittgemüse würden 50 Mk. für den Zentner geboten. Er habe selbst Gemüse geliefert, ob unter Ueberschreitung der Höchstpreise erinnere er sich nicht. Es wurde noch festgestellt, daß die Firma Krupp, weil 20.000 Mann der Rüstungsindustrie mit dem Streik drohten, wenn sie kein besseres Essen erhielten, schließlich in die Zahlung von Preisen über die Höchstpreise willigte. Die Angeklagten machten noch den Einwand, daß sie selbst keinen Nutzen von der ganzen Sache gehabt hätten und sie hätten kein Mittel gehabt, um die Vereinsmitglieder zur Erfüllung ihrer Pflichten zu zwingen. Das Urteil der Strafkammer lautete dahin, daß Honecker zu 6000 Mark und Breuer zu 3000 Mark Geldstrafe verurteilt wurden, außerdem wurde der durch Ueberschreitung der Höchstpreise eingegangene Betrag von 41.835 Mark von den beiden Angeklagten eingezogen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)