Dienstag, 26. März 1918

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. März 1918Die Eisenbahn warnt wieder vor unnötigem Reiseverkehr zu Ostern, da Lokomotiven und Wagen für Heereszwecke und für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung dringend gebraucht werden. Alle nicht unbedingt nötigen Reisen müssen unterbleiben.

Beschlagnahme, Enteignung und Meldepflicht. Am 26. März 1918 ist eine Bekanntmachung in Kraft getreten, durch welche die Beschlagnahme, Enteignung und Meldepflicht von Einrichtungsgegenständen aus Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen, Aluminium und Zinn verfügt wird. Die Beschlagnahme und Enteignung erstreckt sich auf bewegliche und eingebaute Gegenstände aller Art in Häusern, Wohn- und Geschäftsräumen, an Beförderungsmitteln u. dergl., die Beschlagnahme auch auf alle übrigen gebrauchten und ungebrauchten Zinngegenstände ohne Rücksicht auf Beschaffenheit und tatsächliche Verwendung, einschließlich Ziergegenständen aller Art, Kunstgegenständen, Schau- und Sammelstücken. Stücke, für welchen durch einen von der Landeszentralbehörde anerkannten Sachverständigen ein besonderer wissenschaftlicher, künstlerischer oder kunstgewerblicher Wert festgestellt wird, können auf Antrag von der Enteignung befreit werden. Der Wortlaut der Bekanntmachung ist bei den Landratsämtern, Bürgermeisterämtern, Polizeibehörden und den kommunalen Metallsammelstellen einzusehen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

An der Strafkammer hatte sich gestern die Ehefrau des Fabrikarbeiters Hub. Be. von hier wegen umfangreicher Betrügereien zu verantworten. Mitangeklagt war ihre 18 Jahre alte Tochter, die Ehefrau Wilh. Th., sowie der bei der Familie Hub. Be. wohnende Hausierer Wilh. Ba. In kaum glaublicher Weise hatte es die Erstangeklagte verstanden, eine große Anzahl Geschäftsleute um ganz erhebliche Geldbeträge zu beschwinden. So wurde ein Geschäftsmann um 4000 Mk., ein anderer um 2248 Mk., ein dritter um 1550 Mk. geprellt. Mehrere kleine Handwerker verloren ebenfalls Beträge von einigen hundert Mark. Die Angeklagte ging bei ihren Betrügereien recht raffiniert zu Werke. In einem hiesigen Lebensmittelgeschäft gab sie sich als Arbeitsfrau eines Fräulein Johanna aus der Schedestraße aus. Anfangs bezahlte sie die entnommenen Waren, aber schon nach einigen Tagen ließ sie anschreiben. Kurz darauf pumpte sie für das sehr reiche Fräulein Johanna, das von ihren Eltern knapp mit Taschengeld bedacht werde, bares Geld, und zwar innerhalb zweier Monate 1550 Mark. Den Namen der Herrschaften durfte die Angeklagte unter keinen Umständen nennen; wenn das Fräulein Johanna demnächst volljährig werde, würde alles auf Heller und Pfennig zurückgezahlt. Auch die mitangeklagte Tochter hatte verschiedentlich Sachen auf den Namen des nicht existierenden Fräuleins Johanna abgeholt. In anderen Fällen spielte eine schwer reiche Erbtante in Ems eine große Rolle. Um die Geprellten sicher zu machen, schrieb die Hochstaplerin im Namen dieser Erbtante Karten und Briefe an ihre Opfer, die meist mit einem Pumpversuch und mit einem Loblied auf die arme, brave Nichte in Bonn schlossen. An zwei der Betrogenen schickte die Tante in Ems sogar als Sicherheit die Schlüssel zu ihrem Geldschrank. Drohte jemand mit Anzeige, um zu seinem Geld zu kommen, dann trat der Angeklagte Wilh. Ba., ein kleiner verwachsener Mensch, in Tätigkeit, vor dem die Schwindlerin ihre Opfer bange zu machen versuchte, denn der könne reden wie ein Advokat. [...] Das Gericht erkannte gegen die gemeingefährliche Betrügerin, die bereits neunmal vorbestraft ist, auf eine Gefängnisstrafe von 5 Jahren; der Staatsanwalt hatte 5 Jahre Zuchthaus beantragt. Ihre Tochter erhielt 1 Monat Gefängnis und der Angeklagte Ba. 9 Monate Gefängnis.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Worauf es im Kriege ankommt. Die große Prüfung für unser Volk ist dieser Krieg, es geht um nichts mehr und nichts weniger als darum, ob wir fürderhin unseren Platz an der Sonne, auf den wir uns durch rastlose Tätigkeit auf kulturellem und geistigen Gebiet ein Anrecht erworben haben, behaupten sollen, oder ob wir dieses Anrecht verwirkt haben, weil wir bei der großen Prüfung, die wir jetzt zu bestehen haben, zu leicht befunden worden sind. Ueber jedes Volk bricht einmal eine solche Prüfung herein, die für es die Schicksalsstunde ist. Bestehen wir die Prüfung, dann öffnen sich für uns die Tore zu neuem Aufstieg, zu neuem Glück; bestehen wir diese Prüfung nicht, fallen wir zurück in Not und Elend, haben wir die Zukunft unseres Volkes, das Glück unserer Nachkommen vernichtet. Wahrlich nicht leicht ist die uns auferlegte Prüfung und nicht kurz. Aber wir haben bis jetzt alles glücklich überstanden, so werden wir auch das Letzte noch überwinden. Schon winkt uns das Ziel. Aber noch einmal alles getan und Kriegsanleihe gezeichnet.

Kommunionskerzen. Auf mehrfachen Wunsch hin teilen wir nochmals mit, daß ein kirchlicher Erlaß bestimmt, bei der Feier der ersten hl. Kommunion kleine Kerzen zu verwenden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)