Mittwoch, 2. Januar 1918

    

Das neue Jahr wurde verhältnismäßig still, noch stiller wie seine Vorgänger, begonnen. Zwar hatte die hohe Obrigkeit die Polizeistunde stillschweigend von 11 auf 1 Uhr hinausgeschoben und auch das Gaswerk zwei Stunden länger das nötige Licht geliefert, aber der Mangel an stark wirkenden Getränken ließ zusammen mit dem Ernst der Kriegszeit die übermäßige Silvester- und Neujahrsfröhlichkeit früherer Jahre nicht aufkommen. Als dann die Kirchenglocken feierlich den Beginn des neuen Jahres verkündeten, rief man sich wohl aus den Fenstern das „Prost Neujahr“ zu, vereinzelt wurde auch mit Pistolen und Feuerwerk geknallt, bald aber war es wieder still, und nur um 1 Uhr, als die Wirtschaften ihre Gäste entließen, belebten sich noch einmal für kurze Zeit die Straßen. Möge das neue Jahr die Friedenshoffnungen, mit denen es begonnen hat, erfüllen und die nächste Jahreswende in eine glückliche Friedenszeit fallen.

Eine besondere Weihnachtsfreude wurde den Teilnehmern der Kinderspeisung der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe (Nationaler Frauendienst) geboten. Zwei Gönnerinnen hatten, in Erinnerung an die verstorbene 1. Vorsitzende der Kinderspeisung, die 200 Kinder zu dem Weihnachtsspiel: „Wie Klein-Else das Christkind suchen ging“ eingeladen, und durch das überaus freundliche Entgegenkommen der Direktion des Operettentheaters, die für unsere Kinder die besten Plätze reserviert hatte, konnten sie am Samstag dieser Aufführung beiwohnen. Die strahlenden Augen und der große Jubel bewiesen das Entzücken der Kinder. Zu Beginn der Schule – während der Ferien mußte ausgesetzt werden – sollen die Kinder wieder ihr Mittagessen bekommen, auch wird die fünfte Stelle der Kinderspeisung in Kessenich wieder eröffnet werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Die Neujahrsnacht war in Bonn ungewöhnlich lebhaft. Ein selten klarer Sternenhimmel leuchtete in die kalte Winternacht, als gegen 12 Uhr Glockengeläut weithin verkündete, daß das neue Jahr seinen Einzug halte. Böllerschüsse dröhnten durch die Luft und manch kräftiges „Prosit Neujahr“ ertönte hoffnungsfreudig auf den Straßen. In den öffentlichen Lokalen wurde bei verlängerter Polizeistunde Sylvester lebhaft gefeiert, und auch in den Familien konnte der Uebergang zum neuen Jahr feierlich begangen werden, denn unsere Gaswerksverwaltung hatte in der Sylvesternacht erst recht spät die Gassperre eintreten lassen.
   Wohl selten ist ein Jahreswechsel mit so vielen Wünschen und Hoffnungen begeleitet worden. Erwartungsvoll sehen wir den Ereignissen im angebrochenen Jahr 1918 entgegen. Wird es uns den Frieden und den ehrenvollen Abschluß des Weltkrieges bringen? Nach den Ereignissen im Osten sind die feindlichen Weltmächte in starker Gefährdung. Die Hoffnung ist deshalb begründet, daß der Zeitpunkt des allgemeinen Friedensschlusses nicht mehr allzufern ist. Aber wir fassen den Jahreswechsel in rechter Weise auf, auch wenn wir das neue Jahr mit dem treudeutschen Entschluß begrüßen, mit unseren Tapferen an der Front unter allen Umständen auszuharren bis der Entsieg für unsere gerechte Sache erfochten ist.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Primaner im Hilfsdienst. Das rheinische Provinzialschulkollegium hat den höheren Schulen für die männliche Jugend eine Verfügung zugehen lassen, welche vorsieht, daß an Wissen und Können der im Hilfsdienst tätig gewesen Schüler nicht derselbe Maßstab angelegt wird, wie an den Leistungen derer, die den Schulbesuch nicht unterbrochen hatten, und diese Rücksicht auch für die Zeugnisse und für die Versetzung geltend gemacht. Auf Unterprimaner, deren Jahrgang zum Heerdienst einberufen wird, trifft diese Verfügung insofern nicht zu, als sie nur dann zur Notreifeprüfung zugelassen werden, wenn sie den Schulbesuch nicht unterbrochen haben; sie werden sich also im Hilfsdienst nicht betätigen können.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)