Mittwoch, 25. Juli 1917

        

Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Die kartoffelarme Zeit scheint jetzt glücklicherweise überwunden zu sein. In der nächsten Woche können bereits
vier Pfund Kartoffeln auf den Kopf der Bevölkerung ausgegeben werden, Schwerarbeiter erhalten weitere vier Pfund. Mit dem Verkauf für die nächste Woche wird schon am kommenden Samstag begonnen werden, und zwar wird der Verkauf den alten Kartoffelverkaufsstellen wieder übertragen, die Verkaufsstellen auf den Wochenmärkten fallen daher fort. Es liegt im Interesse der Käufer, wenn sie sich für die ganze Versorgung möglichst an ein und das selbe Geschäft halten, damit die Verkaufsstellen regelmäßig und ohne Stockung beliefert werden können.
    Auch die
Gemüseversorgung ist etwas besser geworden. Der städtische Verkaufsstand hat im allgemeinen alle Ansprüche befriedigen können. Dort ist jetzt auch eine Einrichtung getroffen worden, daß das aus dem Auslande eingeführte Gemüse an einem besonderen Stande verkauft wird, damit keine Verwechselung vorkommen kann. Von den Gemüsebauern wird unser Markt aber noch immer schlecht besucht. Die Hausfrauen seien daher noch einmal dringend ermahnt, das Hamstern und das damit verbundene Ueberschreiten der Höchstpreise auf dem Lande zu unterlassen. Die Zeit des Gemüsemangels und der Kartoffelnot war gewiß für manche Familien recht schwer und ließ die Auswüchse der Hamsterfahrten verstehen, aber jetzt sollten diese Hausfrauen sich endlich auf die wirtschaftliche Seite ihres Verhaltens besinnen. Wenn nicht mehr gehamstert wird, wozu zweifellos keine Veranlassung mehr vorliegt, dann müssen die Bauern auf den Markt kommen, und dann wird auch endlich das Einhalten der Höchstpreise erreicht werden. [...]
    Es wird noch immer viel beim
Fleischverkauf und -einkauf gesündigt. Aufgrund der neuen Bestimmungen werden vom Ausland eingeführtes Fleisch und Fleischwaren überhaupt nicht mehr dem Kleinhandel im freien Verkehr überwiesen, und es ist daher ganz ausgeschlossen, daß ein Metzger ausländisches Fleisch verkaufen kann. Vor allen Dingen darf ausländisches Fleisch zu keinem höheren Preis wie das inländische abgegeben werden. Die Hausfrauen werden auch hier gebeten, weitere Ueberschreitungen rücksichtslos zur Anzeige zu bringen; denn nur mit Unterstützung der Hausfrauen kann endlich in den Lebensmittelwucher Ordnung gebracht werden. Familien, die über ihren Metzger zu klagen haben, werden, wenn sie es wünschen, vom Lebensmittelamt ohne weiteres einem anderen Metzger nach ihrer Wahl zugewiesen.
   
Der städtische Altkleiderhandel wird am Mittwoch, 1. August, eröffnet werden. Die näheren Bestimmungen werden noch durch Anzeigen bekannt gemacht. Es sei jedoch schon jetzt darauf hingewiesen, daß es infolge der verhältnismäßig geringen Vorräte nicht möglich ist, diesen städtischen Verkauf jedem zugänglich zu machen, sondern es müssen Einschränkungen erfolgen. Es werden daher zunächst nur Sommerwaren und Schuhe abgegeben, und zwar nur an die Inhaber der Lebensmittelkarten A und an die Schwer- und Schwerstarbeiter. Voraussetzung für den Verkauf ist natürlich, daß der Kauflustige sich einen entsprechenden Bezugsschein hat ausstellen lassen. Für den Verkauf werden sodann im städtischen Bekleidungsamt Einlaßkarten ausgegeben werden. Die Not in brauchbaren Schuhwaren und Kleidungsstücken wird immer fühlbarer, die Familien, die überflüssige Sachen in ihrem Haushalt hängen oder liegen haben, werden daher im vaterländischen Interesse dringend gebeten, diese Sachen der städtischen Altkleiderstelle zur Verfügung zu stellen. Für die Sachen werden durchweg gute Preise bezahlt, auf Wunsch werden sie auch kostenlos abgeholt. Die Not der Zeit muß von allen gemeinsam getragen werden, es geht daher auf Dauer nicht an, daß ein Teil der Volksgenossen Kisten und Schränke vollgepackt hat, der andere Teil dagegen bittere Not leidet.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

      

Die Roggenernte ist trotz der von Zeit zu Zeit niedergehenden Regenschauern nahezu beendet. Die meisten Felder sind schön vollständig abgeerntet, und man ist schon eifrig mit dem Dreschen beschäftigt. [...] Die meisten Landleute haben schon mit dem Schneiden des Weizens Ende der vorigen Woche den Anfang gemacht. Stellenweise ist auch der Hafer bereits so weit gereift, daß er im Laufe dieser Woche gemäht werden kann.

Kartoffelneuheit. Die bei uns neu eingeführte Frühkartoffelsorte „Kaiserkrone“ ist ganz vorzüglich in Ernte und Geschmack. Sie liefert schöne tadellose Knollen und weit mehr als andere Neuheiten. Obschon sie noch nicht ausgereift ist, werden Kartoffeln bei ihr gefunden, die ein Gewicht von 400 Gramm haben. Der einzige Uebelstand, die sie der Paulsens Julikartoffel gegenüber hat, ist ihr weißes, unansehnliches Fleisch.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Hier Amt. Wir hatten bereits vor kurzem Gelegenheit genommen, auf die nachgerade unhaltbar gewordenen Mißstände auf dem hiesigen Fernsprechamt hinzuweisen. Soweit wir feststellen konnten, ist eine Besserung bis jetzt nicht eingetreten, ja eher eine Verschlechterung. Das geht auch deutlich aus einer Zuschrift an uns hervor, aus der wir folgendes mitteilen: Das Telegraphen- und Fernsprechamt leidet offenbar Mangel an tüchtigen, geschulten, eingearbeiteten Beamten. Ein Teil von ihnen ist eingezogen, ein anderer Teil mußte die Arbeit anderer Beamten, die eingezogen sind, übernehmen und sich in diese zum Teil neue Materie einarbeiten. Neues und ungeschultes Personal kommt an dessen Stelle, die Post und das Publikum verliert Zeit und Geld. Der Betrieb leidet darunter in einer Weise, die zu unerträglichen Zuständen geführt hat. Auf auswärtige Verbindungen muß man meist über Stunden warten. Es mag dies daran liegen, daß jetzt mehr gesprochen wird als früher. Aber dann muß das Personal eben vermehrt und nicht verringert oder durch ungeübte Kräfte ersetzt werden. Störungen sind auch häufig. So konnte ich dieser Tage ein sehr wichtiges Gespräch dritter Personen über einen beabsichtigten Besitzwechsel mit anhören. Das sind Mängel, auf die hinzuweisen ich die Zeitung bitte, denn auch das Fernsprechamt legt gewiß großen Wert darauf, daß alles nach Möglichkeit klappt.

Geheimhaltung von Erfindungen. Der Gouverneur der Festung Köln verbietet durch Verordnung vom 17. Juli die Veröffentlichung aller Nachrichten über technische Neuerungen, Erfindungen, Neugewinnungs- und Herstellungsverfahren sowie über Herstellung von Ersatzstoffen auf allen Gebieten (militärischen, chemischen, industriellen, Nahrungsmittel usw.) in der Tages- und Fachpresse, in Broschüren, Büchern, sonstigen Druckschriften und Vorträgen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 1500 Mark bedroht.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)