Freitag, 22. Juni 1917

     

Brotversorgung. Bei der heißen Witterung ist das aus dem hoch ausgemahlenen Mehl hergestellte Brot sehr leicht verderblich und verträgt keine längere Aufbewahrung. Es ist daher zu empfehlen, nicht den ganzen Wochenbedarf schon zu Anfang der Woche aus den Bäckereien zu entnehmen. Die Bäcker werden gebeten, sich die Ausführungen über das als Kartoffelersatz abzugebende Brot unter der Ueberschrift Kartoffeln anzusehen und danach zu handeln. […]
   Fett. Im Laufe der nächsten Woche werden 80 Gramm Margarine und 30 Gramm Butter verabfolgt.
   Kartoffeln. In der kommenden Woche werden auf die Kartoffelkarte drei Pfund Kartoffeln ausgegeben, für Schwerarbeiter auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 3 Pfund.
   Als Ersatz für die fehlenden Kartoffeln werden ausgegeben auf Warenkarte Nr. 95 ein halbes Pfund Brot und auf die Zusatzwarenkarte für Schwerarbeiter Nr. 39 ein weiteres Viertelpfund Brot. Da die Reichskartoffelstelle als Ersatz für fehlende Kartoffeln nur Roggenmehl liefert, aber mit Roggenmehl im Haushalt nur wenig anzufangen ist, wird statt Mehl Brot ausgegeben. […]
   Gemüse. Bei fortgesetzt günstiger Witterung kann mit einem Ueberschuß an Gemüse gerechnet werden. Sorge der Hausfrauen muß es sein, alles und jedes, auch Abfälle von Gemüse, dem Verbrauch zuzuführen und für die gemüseknappe Zeit zu erhalten. Es ist dringend anzuraten, schon jetzt für die notwendigen Gefäße und Geräte zum Einmachen, Gläser, Töpfe, Fässer usw. zu sorgen, damit sie zur Einmachzeit bereitstehen. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)

     

Kölner Boor und Arndt-Eiche. Aus Köln, 21. Juni, wird uns berichtet: Aus Anlaß der dritten Geburtstagsfeier des Kölner Kriegswahrzeichens des „Kölschen Boors“ sind dessen Stifter neben zahlreichen Glückwünschen erhebliche Spenden für die Kriegswaisenfürsorge zugegangen, darunter eine persönliche Stiftung des Oberbürgermeisters Wallraf von Köln. Der „Kölsche Boor“ hat bisher über 1.125.000 Mark für die Kriegswitwen und –Waisen aufgebracht und über 3½ Millionen an Goldgeld und Altgold der Reichsbank überweisen können. (Die Bonner Arndt-Eiche erbrachte 90.000 Mark.)

Bismarckfeier. Trotz des heftigen Gewitterregens am gestrigen Abend wurde die Bismarckfeier der Bonner Studentenschaft an der Bismarcksäule in der Gronau in vorgesehener Weise abgehalten. Im geschlossenen Wagen fuhren die Vertreter der Studentenschaft, Rektor und Mitglieder des Senats vom Universitätsgebäude zur Gronau. An der Bismarcksäule angelangt, entrollten die Studenten ihre Fahnen, worauf stud. theol. cath. Krawinkel vom Verein katholischer Theologen eine Ansprache hielt, in der er Bismarck als den Gründer und Gestalter des deutschen Reiches und als politisches Genie feierte. Auch heute noch sei Bismarck’scher Geist in unserer deutschen Seele lebendig. Obwohl wir jetzt von aller Welt verlassen und verlästert seien, werde und müsse die Besinnung über die bodenlose Ungerechtigkeit wider uns doch bei unseren Gegnern kommen. Redner legte sodann im Namen der Bonner Studentenschaft einen Kranz an der Säule nieder.
   Rektor Geheimrat Ribbert nahm sodann das Wort. Er wies darauf hin, daß schon wegen der geringen Zahl der Studierenden von lautem Gepränge, Fackelzug und rauschender Musik in diesem Jahre abgesehen werden müsse. Die Studentenschaft trage damit zugleich dem Ernst des Krieges Rechnung, denn während die Kommilitonen draußen kämpften, litten und bluteten, sei eine frohe Feier nicht am Platze. Den großen Kanzler würde Freude, Befriedigung und Stolz erfüllen, wenn er heute sehen könne, wie glänzend unser von ihm geeintes Deutschland in beispiellosem Ringen seine Feuerprobe bestehe, mit welcher Begeisterung das ganze Volk in allen seinen Stämmen den Fahnen gefolgt sei, welche gewaltigen Siege es erringe und wie es mit voller Gewißheit sagt, daß der endgültige Erfolg ihm gehöre. Aus Bonn allein seien gegen 4000 Studenten noch im Felde und unter den Anwesenden wären sehr viele, die schon draußen waren und mehr oder weniger kriegsbeschädigt ihre Studien fortsetzten. Weit über 400 Studierende hätten schon heute ihre Liebe zum Vaterlande mit dem Tode besiegelt. Redner hofft, daß die durch Blut besiegelte Einigkeit unter den Studierenden dauernd erhalten bleibt und daß diese Einigkeit auch später in das öffentliche Leben hinüber genommen wird. In das dreifache Hurra, das Rektor Ribbert zum Schlusse seiner trefflichen Worte der Zukunft unseres Volkes und des Deutschen Reiches mit seinem Kaiser an der Spitze ausbrachte, stimmten die Anwesenden begeistert ein. Nach Beendigung der Feier fuhren die Teilnehmer in offenen Wagen zur Universität zurück.

Höchstpreise für Obst im Kleinhandel auf dem Bonner Wochenmarkt. Man schreibt uns: Seitdem die Oeffentlichkeit sich mit der Frage der Höchstpreis-Ueberschreitungen bei Obst usw. befaßt, kommt fast gar kein Obst, wie Erdbeeren, Kirschen und Stachelbeeren, mehr auf den Markt. Wo bleibt das Obst nun eigentlich? Es ist doch genug da und die anhaltende warme Witterung hat es auch frühzeitig zur Reife gebracht. Die Antwort hierauf liegt klar auf der Hand: in erster Linie wird der größte Teil dieses Obstes, sogar waggonweise, leider zum Nachteil der hiesigen Einwohner mit der Bahn usw. nach auswärts verschickt. Ein großer Teil bleibt aber immer noch am Orte selbst, der dann von den sogenannten Ueberpreiszahlern, die den Höchstpreis aus sich heraus überbieten, nur um die Ware an sich zu reißen, am Hause der Züchter größtenteils abgeholt wird. Unter diesen Umständen wird unser Markt kaum noch mit Obst beschickt. Kirschen kamen in der letzten Zeit überhaupt nicht mehr auf den Markt. Nachdem nun bis Mittwoch den 20. Juni incl. der Höchstpreis für süße weiche Kirschen auf 55 Pfg. für das Pfund festgesetzt war und jetzt außer Kraft ist, kamen gesern auch wieder Kirschen auf den Markt, aber zu welchem Preise? Es wurden schlankweg eine Mark und fünfzig Pfennig für das Pfund verlangt und größtenteils auch anstandslos von reichen Leuten bezahlt. Also mit ca. 200 Prozent über den bis zum 20. ds. Mts. geltenden Höchstpreis. Mit Strauchbohnen und dicken Bohnen war es ein ähnliches Verhältnis. Für ein Pfund Strauchbohnen wurden eine Mark und fünfzig Pfennig und für ein Pfund dicke Bohnen in Schoten 75 Pfennig verlangt und bezahlt. Bei solch unverschämt hohen Preisen ist es nun dringend nötig, daß sofort neue Höchstpreise für Obst usw. festgesetzt werden und eine scharfe Aufsicht von allen Seiten geübt wird, damit dieses verwerfliche wucherische Treiben mal endlich ein Ende nimmt. Hoffentlich wird u. a. auch die gestern von unserem Herrn Oberbürgermeister herausgegebene Verordnung betr. Kleinhandelsverkauf von Gegenständen auf den Wochenmärkten im Stadtkreise Bonn zum großen Teil dazu beitragen, daß auf unserem Wochenmarkte wieder geordnete Verhältnisse eintreten.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Beuel, 21. Juni. […] Unterhalb der Pappel-Allee geriet ein Junge von 12 Jahren beim Baden zu weit in den Strom und verschwand in den Wellen. Ein mitbadender russischer Gefangener sprang dem Jungen nach, um ihn zu retten, mußte aber die mutige Tat mit dem Leben bezahlen. Die Leichen sind noch nicht gefunden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

    

Die Kartoffelerzeuger im Stadtbezirk Bonn werden durch Bekanntmachung des Oberbürgermeisters verpflichtet, ihre den Eigenbedarf übersteigenden Kartoffelmengen an die Stadt abzuliefern. Vor dem 27. Juni dürfen keine Frühkartoffeln geerntet werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)