Dienstag, 27. März 1917

       

Anzeige in allen Bonner Zeitungen am 27. März 1917Der Liberale Bürgerverein wird, wie schon berichtet, seine eifrige Tätigkeit im März mit einer Bismarck-Gedenkfeier Samstag abend abschließen. Während die bisherigen Märzabende des rührigen Vereins Kriegsfragen, der Lebensmittelversorgung Bonns und dem Kriegsgemüse die beiden ersten, der Neuordnung Deutschlands und die Einheitsschule die dritte, gewidmet und daher allen Mitbürgern und Mitbürgerinnen ohne Unterschied der Partei zugänglich waren, bleibt der nächste Samstag dem engeren Kreis der Mitglieder und Freunde des Liberalen Bürgervereins vorbehalten. Er soll ihnen in diesen schicksalsschweren Kriegstagen eine Gelegenheit geben, sich an- und miteinander zu erheben. Und welcher Tag wäre dazu geeigneter als der Geburtstag Bismarcks, dessen Werk wir jetzt gegen eine Welt der Feinde verteidigen müssen! Die Gedenkfeier wird dieser ihrer innerlichen Art gemäß außer der Bismarckrede Chorgesänge und einen musikalischen Vortrag bieten, auch soll sich eine gemütliche Nachsitzung im Kuppelsaal der Lese anschließen, an der sich jeder nach Belieben beteiligen kann. In dem Vortragssaal selbst (im ersten Stock der Lese) findet wiederum kein Wirtschaftsbetrieb statt, irgendwelche Kosten sind also mit der Gedenkfeier nicht verbunden.

50 Gramm Speck auf den Kopf werden am morgigen Mittwoch von den Metzgern verkauft.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Diebstähle. In der Nacht vom 22. zum 23. März wurden einem pensionierten Bahnbeamten in Endenich aus einem verschlossenen Stalle fünf wertvolle Hühner gestohlen. In gleicher Nacht wurde daselbst einer Frau in ihrer Wohnung im Wiesenweg eine Geldkassette erbrochen und ein Fünfzigmarkschein daraus entnommen. In beiden Fällen sind die Täter unbekannt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

     

Wir und die Feinde. Von besonderer Wichtigkeit ist der Eindruck des Erfolgs der neuen Kriegsanleihe an sich, daneben aber auch der Eindruck der gesunden Art, wie er zustande kommt bei bewundernswert tragfähiger Verfassung unseres Geldmarktes. Man denke an die zweifelnden Wort, die der englische Schatzmeister über unser weiteres Können vor kurzem sprach, daß das englische Volk seit 1½ Jahren keine Kriegsanleihe mehr hatte und bei so langer Schonzeit der jetzige Erfolg nicht überwältigend ist, vergegenwärtige sich endlich die Wirkung einer glänzenden Zeichnungsziffer in den Reihen der Feinde und der Neutralen. Dieser Eindruck wird um so gewaltiger sein, als Rußland, Frankreich und Italien schon mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen haben, Geld zu beschaffen, von dem unserem Vorgehen entsprechenden, währungspolitisch einwandfreien Wege einer inneren Anleihe gar nicht zu reden, denn dieser hat sich für sie bei mehrmaligen Versuchen als kaum noch gangbar gezeigt.
   
Es mag im übrigen vielen gegen die Natur gehen, daß bei Besprechung der Deckung des Geldbedarfs unseres Vaterlandes auch einige Worte über die rein geschäftliche Seite mit einfließen. Aber schließlich ist der Kauf von Wertpapieren eben auch ein Geschäft, das rein nüchtern überlegt und nachgerechnet werden will. Und wir brauchen diese bedächtige Nachprüfung nicht zu scheuen: Zu dem hohen Zinsertrag tritt noch der Vorteil, daß die Ausgabe unter dem Nennwerte erfolgt und bei der Schatzanweisung der Vorteil daß schon 1918 die Verlosungen mit recht ansehnlichem Aufgeld erfolgt. Selbst der kühlste Rechner wird nicht umhin können, zu dem Zinssatz noch den Nutzen hinzuzurechnen, der für die Allgemeinheit und damit auch für ihn erfließt, wenn die Landesverteidigung mit wuchtigem Erfolg und der gesundesten Form das Geld erhält, dessen sie bedarf. Daß diese Opferwilligkeit mit derjenigen der Kämpfer draußen nicht in einem Atem genannt werden darf, versteht sich von selbst, aber immerhin mögen die, die nicht aus dem Rechnen herauskommen, sich doch einmal die Frage vorlegen, ob denn unsere Krieger Zinsen auf den Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit beanspruchen. Und wem es nicht ganz bequem liegt, daß er Mittel flüssig macht, er mag sich sagen, daß auch die Siege, über die er sich freut und die er fast wie sein gutes Recht von den kämpfenden Heeren verlangt, wahrhaftig nicht ohne unvergleichlich größere Opferwilligkeit erstritten werden. Und die Sicherheit? Auch in dieser Hinsicht ist eine bedächtige Nachprüfung nicht zu scheuen. Sehr im Gegenteil! Möchte doch endlich die Erkenntnis unserer finanziellen Unterlagen, auf denen fest und sicher die deutschen Kriegsanleihen ruhen, Allgemeingut aller Volksgenossen – und des Auslandes werden! Wie diese ehernen Unterlagen beschaffen sind (zu ihnen zählt übrigens deutscher Fleiß, deutscher Erfindungs- und Organisationsgeist und das, was unsere Heere mit eisernem Ring von feindlichen Gebieten umklammert halten und was ohne Gegenleistung nicht wieder frei werden wird), das ist im einzelnen dargestellt in belehrenden Aufsätzen, die jedermann leicht haben kann. Wie die Mittel für die Kriegsanleihezeichnung und –bezahlung flüssig zu machen sind, das kommt auf den einzelnen Fall an. Zunächst wird der entbehrliche Teil von Barmitteln, Bank- und Sparkassenguthaben, soweit und sobald er von den Einlagestellen flüssig gemacht werden kann, dafür zu verwenden sein. Wer solche Mittel oder Guthaben im Augenblick nicht besitzt, wohl aber im Verlauf der nächsten Monate Bareingänge hat, der kann von den sich weit in den Sommer erstreckenden Zahlfristen Gebrauch machen. Und wer erst später Einnahmen hat, die für den Unterhalt nicht unbedingt nötig sind, der wird sich Rechenschaft darüber abzulegen haben, ob er nicht durch Verpfändung von Wertpapieren bei einer Reichsdarlehenskasse oder anderen Geldanstalten vorher schon die erforderlichen Mittel flüssig machen kann, mit der Maßgabe, daß der aufzunehmende Vorschuß aus eben diesen späteren Einnahmen seine Rückzahlung findet. Daß sich das deutsche Wirtschaftsleben stark und gesund gehalten, daß die Geldmittel für die Kriegsführung so reichlich und währungspolitisch einwandfrei wie all die Male seither wieder flüssig zu machen sein werden, daß die Sicherheit der Kriegsanleihe über jeden Zweifel erhaben ist, das verdanken wir deutscher Tüchtigkeit, deutscher Opferwilligkeit, nicht zuletzt dem Heere und der Flotte. Die glänzenden Waffentaten in Ost und West, die kraftvollen tatenfrohen Vorstöße unserer Unterseeboote, die Verhältnisse bei den Feinden: das unaufhörliche Steigen ihrer Kriegslasten, die Schwierigkeiten der Geldbeschaffung und der Ernährung - England spürt jetzt schon wie Frankreich die Umkehrung des uns angedrohten Hungerkrieges! – die wertvollen Unterpfänder in den mit eiserner Klammer festgehaltenen feindlichen Gebieten, die in Frankreich zu den industriell wichtigsten, steuerlich leistungsfähigsten Staatsteilen gehören, all das gibt uns die Zuversicht auf den endgültigen Sieg. Danken wir unseren Kämpfern, indem wir ihnen die Mittel zur Beendigung ihres Siegeslaufes gern und freudig in die Hand geben. Es geschieht zu unserem eigenen Besten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)